Die neuen Veröffentlichungen des Presencing Institute sind wirklich großartig. Angefangen von den Zitaten, über den Ansatz der „Islands of Coherence“ und die Konkretisierung der notwendigen Entwicklungsschritte in den verschiedenen Sektoren. Hinzu kommen die frei zugänglichen Videos. Kurzum Top. Jedoch ist es aus meiner Sicht noch notwendig das Ganze in konkrete Kontexte zu übersetzen, vor allem auch passend zu gestalten für eine „Deutsche-Kultur“ und die Übungen gut zu rahmen… Nicht zu vergessen natürlich die Komplexitätsreduktion. Denn Otto Scharmer und Co. liefern ja eine Metatheorie, die man fast beliebig komplex ausgestalten kann.

Inhalte Workshop / Teambuilding mit Theory U
Der Workshop orientierte sich an 3 primären Zielen
- Verständnis für die Theory U schaffen um ggf. die Methode für eigene Veränderungsprojekte zu nutzen.
- Theory U als Experiment um sich als Team weiter zu entwickeln und noch mehr den Fokus auf (Kunden-) Mehrwerte zu legen. Listening Level 2-4 als Schlüssel für ein besseres Verständnis.
- Theory U als Ansatz um eigene blinde Flecken und „Wahrnehmungs-Filter“ zu identifizieren.
Entsprechend war der Workshop aufgebaut. Entscheidend für den Erfolg (laut Otto Scharmer) ein Raum (Umfeld) in dem die Teilnehmenden in einen optimalen Erlebniszustand bzw. State eingeladen werden. In der Theory U wird hier häufig von „Attention“ gesprochen, was ein teil des sog. „Presencings“ ist. Robert Dilts bringt es mit folgenden Satz einfacher auf den Punkt:
The State defines the Outcome!
(Die Qualität der Aufmerksamkeit, der innere Erlebniszustand bestimmt die Ergebnisse)Robert Dilts in Anlehnung an Milton Erickson
Entsprechend war der Workshop in einer ruhigen Umgebung, der gewählte Seminarraum hatte einen direkten Zugang zum Außengelände und es war überwiegend ruhig. Insbesondere war der Raum auch so gelegen, dass ein Gefühl von Sicherheit entstehen konnte, auch weil die TN in dem Raum bereits gute Erfahrungen mit anderen Veranstaltungen gemacht hatten.
Zu dem guten Ankommen gehörte dem S.A.F.E.T.Y. Model folgend natürlich auch
- Eine klare Orientierung, wie die 2 Tage ablaufen werden
- Spielregeln
- Eine Vereinbarung von „Vertraulichkeit“ und
- die explizite Erlaubnis Spass zu haben in den 2 Tagen 🙂
Dies war dann auch die Grundlage um als erstes auf die Erfahrungen mit den Vorab-Aufgaben zu schauen. Explizit auf die durchgeführten
- Stakeholder Interviews
- Partner Interviews
Schon hier war die Rückmeldung, dass die Fragen (siehe Fragebogen) deutlich anders waren als sie üblicherweise in der Organisation gestellt werden. Dadurch wurden schon die ersten „Erkenntnisse“ gewonnen, in Form von anderen Rückmeldungen und auch einem ungewohnten Austausch. In anderen Worten, die Interviews haben eine erste „Kompetenzvermutung“ aufgebaut, also ein erstes Vertrauen in die Theory U gestärkt.
Siehe hierzu und den weiteren Inhalten auch das nachfolgende PDF.
In einem zweiten Schritt ging es darum die zentralen Ideen, die zentralen Tools und natürlich den Aufbau der Theory U gemeinsam zu erkunden. Hierbei wurde deutlich, dass die vielen Interpretationen der U-Darstellung eine besondere Herausforderungen darstellen. Denn das U
- steht auf einer einen Seite für die 7 Schritte der Theory U
- es aber auch für die 4 Listening Level bzw die Aufmerksamkeit (Downloading, Seing, Sensing, Presencing)
- es steht zugleich für die Stufen der Co-Creation…
- und natürlich auch nochmal für die Verbindung von Mind – Heart – Will (Kopf – Herz – Seele)
Wie wertvoll es sein kann sich gemeinsam auf die Suche nach der Bedeutung zu machen, und was das vor allem praktisch heißt, ist die erste große Erkenntnis.
Präsentationsfolien von Tag I als PDF am Ende des Beitrages.
Daran anschließend war Tag 1 auch vor allem dazu da um gemeinsam erste Erfahrungen zu machen, Fragen zu stellen und die Tools auszuprobieren. Vor allem mit Blick darauf, wie sich die verschiedenen Brillen konkret in Gesprächssituationen nutzen lassen. Ganz spannend, gerade bei Missverständnissen oder Konflikten können die Listening Levels helfen die Dinge mal aus anderen Perspektiven zu sehen => und Verständnis zu entwickeln.
Tag 2 War dann rund um die 7 Schritte der Theory U als Prozess gestaltet. Dabei durfte jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer an einem eigenen Thema arbeiten, was mit den aktuellen Rollen in der Organisation zu tun hat. Vor allem die Fragen
- Wer bist Du?
- Was ist Deine Aufgabe?
(15min je TN, im Tandem)
waren extrem wirksam. Siehe hierzu die 7 Schritte der Theory U:

7 Schritte der Theory U. Illustration Julia Andersch (Trigon Entwicklungsberatung).
Learnings aus dem Workshop
Die zentralen Fragen für die Rückschau:
Wofür bietet sich die Theory U besonders an?
Was kann im Workshop-Design noch besser bzw. anders gemacht werden?
Was hat sich besonders bewährt?
Was war positiv überraschen?
Um mit den positiven Überraschungen anzufangen…
- Es ist erstaunlich wie gut sich die TN auf die Theory U einlassen konnten und wie „tiefe Prozesse“ in den 2 Tagen möglich wurden
- Es überrascht mich, wie viel es hilft mit „not knowing“ zu starten und sich gemeinsam ein Verständnis zu erarbeiten, was auch in die eigenen Kontexte passt
- Es ist erstaunlich wie gut es funktioniert, wenn man mehr Freiräume gibt und die TN auch ein Stück weit den eigenen Weg gehen lässt – um dann aber immer wieder an passenden Stellen Strukturhilfen zu geben (sonst franzt es aus).
- Ich bin begeistert, wie stark die U Themen auch beim gemeinsamen Abend-Event präsent waren.
Bei den nächsten Gelegenheit sehe ich tolle Chancen mit der Theory U
- Für das ganze Thema Visionsarbeit, Zukunftsbild, und Umgang mit neuen Herausforderungen.
- Ich möchte die Theory U auch nutzen um Change stärker an konkreten Mehrwerten und vor allem an den Kundenbedürfnissen auszurichten, dann ggf. in einer Kombi mit Design Thinking und der Heldenreise.
- Ich sehe den U-Prozess und die Islands of Coherence als einen wunderbaren Einstieg um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und in sog. Eco-Systems bessere Kooperation und mehr Ausrichtung (Alignment) zu erreichen.
- Die Theory U wird mit Sicherheit auch für die Entwicklung von b-hero in der Stufe „ROT“ (Graves) zum Zuge kommen.
Was mache ich bei den nächsten Veranstaltungen anders?
- Vor der Veranstaltung spreche ich nochmal darüber wie wichtig die Interviews als Übung sind.
- Ich werde 2 Stakeholder Interviews einplanen + 1 Partnerinterview
- Zeitnah wird es Videos geben zu den Inhalten der Theory U, insbesondere den Interviews und den Listening Levels
- Ich spreche mit den Auftraggebern, ob 2,5 Tage möglich sind, um den U-Prozess von Tag 2 zu reflektieren und Raum zu schaffen
- Die Handouts werde ich nochmal überarbeiten und für Schritt 7 die Maßnahmen eine Timeline einbauen.
- Bessere Übersetzungen der Inhalte ins Deutsche und dann Darstellung auf A0 (Plott)
- Ich plane für Tag 1 mehr Pausen ein (dafür länger)
Was behalte ich bei?
- Auf alle Fälle das „Resilienz Kartenset von b-hero“ als Transferhilfe
- Wenn möglich Emodyment-Hilfen wie die SiWave oder andere Wahrnehmungsverstärker
- Die Interviews vorab und darauf zu bestehen
- Den A0 Ausdruck für mehr Übersicht
- Die Arbeit mit Atemtechniken, Arbeit draußen,
- Die „Islands of Coherence“ als zentrale Darstellung

Fazit und Ausblick
Theory U ist eine Herausforderung – und gleichzeitig einfach unfassbar kraftvoll und wirksam. Dies so zu gestalten, dass daraus eine stimmige „Komposition“ wird, ist eine große Aufgabe. Es reicht nicht, nur einen Prozess zu gestalten, sondern es braucht auf vielen Ebenen Sicherheit, Orientierung, Zuspruch, Räume … und vieles mehr. Vor allem braucht es aber Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich einlassen. Die neben der logischen Sachebene auch Emotionen zulassen und sich die Frage erlauben: Wer bin ich? Was ist meine Aufgabe?
Drum hoffe ich nur, dass es mehr mutige Führungskräfte und OE (Kultur) Verantwortliche gibt, die sich trauen echte Transformation zu gestalten, und zwar kohärent. Und natürlich #authentisch #mutig #klar

Viel Spass beim Lesen!