Aus gegebenen Anlass möchte ich nochmal das Thema „Freude an der Arbeit und Leistung“ aus dem letzten Blogbeitrag aufgreifen. Dazu gab es heute eine Rückmeldungen einer leitenden Führungskraft. Dafür an dieser Stelle schon mal vielen Dank!
Erleben von Fairness bei Leistungsträgern
Viele der Aussagen aus dem Beitrag konnte die FK bestätigen, vor allem was die fehlende Anpassungsbereitschaft der MA anbelangt. Doch aus seiner Sicht ist der wichtigste Punkt nicht ausreichend adressiert. Die Honorierung der Leistung von Top Leisterinnen und Top Leistern, bzw. eben der sog. Leistungsträger.
Konkret hat er folgenden Punkt betont. Als Führungskraft möchtest Du natürlich, dass die Dinge erledigt werden. Die meisten FKs haben auch ein ganz gutes Bild davon, wer Aufträge schnell und vor allem „abschließend“ erledigt und bei wem es Nachbesserungen und Ähnliches braucht. Entsprechend ist die Verlockung sehr groß, immer mehr Aufgaben dahin zu geben wo es gut läuft – wo aber eh schon der Großteil der Arbeit liegt (ein Schelm wer hier an 80/20 denkt!).
Im Sinne des S.A.F.E.T.Y. Models von Google, welches dabei hilft Hochleistungs-Teams zu fördern, betrifft das den Aspekt Fairness. Denn gute bis sehr gute Arbeit wird dann mit noch mehr Arbeit, bzw. eben mit noch mehr Aufgaben „belohnt“. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten dies finanziell oder anders zusätzlich zu vergüten beschränkt.
Aus dieser Situation kann sich eine Bereichs- bzw. Team-Dynamik entwickeln, bei der auf der einen Seite die Leistungsträger das Gefühl haben: Leistung und Gegenleistung stimmen nicht mehr. Auf der anderen Seite kann bei den Kolleginnen und Kollegen die weniger Aufgaben bekommen
- das Gefühl aufkommen, wir sind nicht gut genug => Resignation
- uns wird nicht so viel zugetraut => Abwertung
- oder es schleicht sich ein, dass die „gewonnene Zeit“ durch weniger Aufgaben dafür genutzt wird „Spass-Projekte“ zu machen
- oder sich noch mehr Zeit zu lassen
Praxisfall
Ich erinnere mich hier an einen Praxisfall, aus dem Bereich der Finanzbuchhaltung. Ein Kollege hatte über einen langen Zeitraum nicht nur grob die doppelte Anzahl an Buchungen bzw. verbuchten Vorgängen, sondern auch noch überwiegend die schwierigen Fälle.
In einem Workshop hat er angesprochen, dass er sich zunehmend fragt, warum er nicht einfach um 16:00 Uhr geht, wenn er seine Arbeit erledigt hat … anstatt noch 1h dran zu hängen um den Berg an Arbeit zu reduzieren. Vor allem hat er den Eindruck geschildert, dass manche Kollegen eben nicht probieren schneller/ fitter zu werden, nicht fragen was er denn anders macht … er also nicht den Eindruck hat, dass seine extra Meile honoriert wird. Sondern seine top Leistung sorgt eher dafür, dass sich nichts ändert. Denn es läuft ja.
Wie ich es verstanden habe, hat die FK dies Situation auch erkannt und schon verschiedenes ausprobiert, um hier eine Veränderung MIT dem Team zu erreichen. So klar wie hier angesprochen, wurde es im Team bis zu dem Workshop jedoch nicht.
Lösungsansätze und Best Practice
Kennst Du diesen Fall? Hast Du eine ähnliche Situation erlebt oder schon davon gehört? Dann freuen wir uns sehr von Dir zu erfahren wie Du (oder die verantwortliche FK) damit umgegangen bist. Denn aus unserer Sicht gibt es hier nicht eine Standardlösung … mir zumindest ist keine Best Practice bekannt. Doch folgende 5 Aspekte scheinen für die Lösung wichtig, siehe hierzu auch den genannten Blogbeitrag.
- Verzicht auf Leugnung – Thema ansprechen
- Ressourcen-Fokus statt bashing. => Was braucht es, für eine Veränderung?
- Nutzung des o.g. S.A.F.E.T.Y. Models (andere 5 Perspektiven) um Dinge besprechbar zu machen => mehr Erleben von psych. Sicherheit
- Einbeziehung des Teams
- Herausarbeiten des „guten Wofür“ … wofür lohnt es sich, das Thema anzugehen.
Nachtrag – Graves & Wert einer Leistung
In einem weiteren Gespräch über Lösungsansätze und Best Practice ist nochmal das Thema Graves, Werte, Wertpräferenzen und die damit verbundene Motivation in den Vordergrund gerückt. Konkret ging es um die Honorierung von Leistung mit Blick auf die (Reifegrade) Stufen
- Rot (Stamm, kämpferisch) -> ICH; Power Driven
- Blau (städtisch, bürokratisch, loyal) -> WIR; Order Driven
- Orange (Start Up Mentalität, erfolgsorientierung) -> ICH; Success Driven
unter besonderer Berücksichtigung der ICH / WIR Orientierung und der „Driver“ also der handlungsleitenden Erfolgsfaktoren (siehe Beck, D. E., Larsen, T. H., Solonin, S., Viljoen, R. C., & Johns, T. Q. (2018). Spiral Dynamics in Action: Humanity´s Master Code. Chichester: Wiley.). Werden diese Driver gut bedient, stellt dies einen besonders hohen Wert für die einzelne Person dar, erhöht also den Wert der Gegenleistung.
Konkrete Beispiele: Für Rot kann es besonders erstrebenswert sein hervorgehoben zu werden, eine besondere Rolle zu bekommen, öffentlich gewürdigt zu werden oder eben einfach als „Sieger-Typ“ bezeichnet zu werden (mit symbolischer Belohnung oder Auszeichnung), siehe z.B. Strukturvertrieb. Für Blaue ist es eher wichtig in der Expertise gewürdigt zu werden, dass auch gern informell für die Loyalität gedankt wird, die Leistung für das Team gewürdigt wird, dass ggf. Privilegien wie ein besonders guter Bildschirm, ein besonders schöner Arbeitsplatz oder einfach auch die Empfehlung für Experten-Gremien (auch Community of Practice) erfolgt. Bei Orange ist es etwas schwierig, da Erfolgsorientierung sehr stark mit der finanziellen Belohnung gekoppelt ist. Hier bieten sich dann tendenziell große Freiräume, Gestaltungsmöglichkeiten, wieder öffentliche Anerkennung und exponierte Rollen an. Die Einladung zu Kamingesprächen mit Top Führungskräften könnte hier auch ein Mittel sein.
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Fazit
Das Thema „Leistung und Gegenleistung“ scheint aktuell zu sein – und verschiedene Lösungsansätze sind denkbar. Die Rückkopplung mit Kunden hilft dabei eigene Lücken schneller zu erkennen und bessere Lösungen zu realisieren. Dabei gilt der alte Spruch:
Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis,
ist in der Praxis größer, als in der Theorie!